110-jähriges Vereinsjubiläum 2011

Auszug aus der Ansprache des Vorsitzenden Manfred Jung

Liebe Wanderfreunde, verehrte Gäste,
wir sind froh und stolz, als Verein auf 110 Jahre zurückblicken zu können. Die Welt war sicher eine andere, als es begann. 1901 markierte nicht nur den Beginn des 20. Jhs, sondern war auch sonst ein ereignisreiches Jahr:

  • Der Nobelpreise wird zum ersten Mal vergeben. Wilhelm Röntgen wird für die Entdeckung der Röntgenstrahlung ausgezeichnet.
  • Auf der Südhalbkugel wird der Bundesstaat Australien gegründet.
  • Die Schwebebahn in Wuppertal wird in Betrieb genommen. Am Eröffnungstag waren es bereits 10.000 Fahrgäste. Und sie läuft immer noch.
  • In Dresden wird das größte Fernheizwerk Europas in Betrieb genommen.
  • Und am 1. August wird im Gasthaus "Zur Linde" in Aßlar von etwa 30 Männern der "Verschönerungsverein Aßlar + Klein Altenstädten" gegründet.

Seine Ziele waren, zur Dorfverschönerung und Volksgesundheit beizutragen. Man begann damit, Ruhebänke anzufertigen und aufzustellen. 1902 trat man dem Westerwald-Club mit Sitz in Bad Marienberg bei. Seit 1903 werden laufend Wanderungen angeboten; die allererste führte mit 25 Teilnehmern auf den Dünsberg. Und 1904 wurde nicht nur die erste Vereinsfahrt zum Niederwaldsdenkmal durchgeführt, sondern auch an der Dill eine Badeanstalt errichtet.

Das Gesicht des Vereins hat sich im Laufe der Jahrzehnte oft geändert. Lassen Sie mich ein paar Meilensteine aus der Vereinsgeschichte herausgreifen:

  • Am 12. Mai 1928 schloss sich die Wandergruppe als Ortsgruppe dem WWV an. Eine Jugendgruppe mit 20 Mitgliedern wurde ins Leben gerufen, und weitere 50-60 Mitglieder waren in der Laienspielgruppe, Volkstanzgruppe und Musikabteilung aktiv.
  • 1940 wurde der Wanderbetrieb eingestellt. Da viele Mitglieder im Krieg waren und oft erst Jahre später aus der Gefangenschaft zurückkehrten, kam es erst 1951 zu einer Wiederbelebung des Vereinsgeschehens.
  • 1952 wurde der Kulturring als Abteilung des Verschönerungsvereins gegründet; mit Vortragsreihen und Musikabenden war man für die Erwachsenenbildung aktiv. Höhepunkt war 1954 ein Konzert der Wiener Sängerknaben im Saal Muskat in Aßlar, zu dem 800 Zuhörer kamen. Durch Rundfunk und Fernsehen ging die Beteiligung ab 1967 zurück, und 1976 wurde der Kulturring dann aufgelöst.
  • 1962 gab sich der Verein eine neue Satzung, und er nannte sich um in "Westerwald-Verein Zweigverein Aßlar e.V.". 1963/64 wurde unser Wanderheim in Eigenleistung erstellt. Herr Djalek erzählte mir, dass er sich noch gut an die feierliche Einweihung erinnert. Es steht Wanderern zur Verfügung und wird bis heute gerne für Vereins- und Familienfeiern genutzt.
  • 1997 hatte der Verein mit über 400 die meisten Mitglieder. Seitdem schrumpfte die Mitgliederzahl, nicht sehr stark aber stetig. Wir waren und sind gefordert, neue Zielgruppen zu finden und unser Angebot entsprechend anzupassen. Seit 2 Jahren geht es wieder leicht aufwärts, und ich bin froh, dass wir mit rund 350 Mitgliedern weiterhin zu den stärksten Vereinen der Stadt und im WWV gehören.

Sie sehen, vieles hat sich geändert, aber einige Traditionen haben sich bis heute erhalten:

  • 1927 gab es die erste Mehrtageswanderung in die Rhön. MTW gab es allerdings schon früher; eine geschichtlich überlieferte begann am 6. Dez. 1801, also vor 200 Jahren, als Johann Gottfried Seume in Grimma bei Leipzig zu seiner legendären Wanderung nach Syrakus auf Sizilien aufbrach. Am 1. April 1802 hatte er sein Ziel erreicht, im August 1802 war er wieder zu Hause.
  • Das erste Kartoffelbratfest fand 1924 statt. Und das nächste wird am Samstag den 25. Sept. 2011 stattfinden; die Wanderung beginnt wie üblich um 10:00 an der alten Dillbrücke, und ab 12:00 werden wir Sie am Wanderheim mit Köstlichkeiten vom Grill und kühlen Getränken verwöhnen. Ich lade Sie alle schon heute herzlich dazu ein.

Unser aktueller Wanderplan ist jeweils im Internet verfügbar; alle die noch nicht mit uns gewandert sind, möchte ich ermutigen, uns auf einer der nächsten Wanderungen zu begleiten. Die heutigen Wanderer wünschen sich eine schöne Landschaft mit weiter Aussicht, naturnahe Wege, eine mäßige Streckenlängen von 10-15 km bei gemächlichem Tempo von 3-4 km/h, sowie Pausen und Einkehren. Unser Programm trägt dem Rechnung; und durch das gesellige Wandern wird nicht nur unser Körper, sondern auch Geist und Seele gestärkt. Seit 2010 kann man auch das deutsche Wanderabzeichen erwerben, ähnlich wie das Sportabzeichen. Die mit einem Wanderverein absolvierten Wanderungen werden in einem Wanderpass eingetragen, und wenn man im Jahr eine bestimmte Anzahl km zurücklegt, kann man das Wanderabzeichen erhalten. Und das Schöne ist, dass fast alle Krankenkassen dafür einen Bonus gewähren.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch einen kurzen Bericht vorlesen:

Wer geht, sieht im Durchschnitt anthropologisch und kosmisch mehr, als wer fährt. Ich halte den Gang für das Ehrenvollste und Selbständigste in dem Manne, und bin der Meinung, dass alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge. Man kann fast überall bloß deswegen nicht recht auf die Beine kommen und auf den Beinen bleiben, weil man zu viel fährt. Wer zu viel in dem Wagen sitzt, mit dem kann es nicht ordentlich gehen. Das Gefühl dieser Wahrheit scheint unaustilgbar zu sein. Wenn die Maschine stecken bleibt, sagt man doch noch immer, als ob man recht sehr tätig dabei wäre: Es will nicht gehen. Wo alles zu viel fährt, geht alles sehr schlecht: man sehe sich nur um! So wie man im Wagen sitzt, hat man sich sogleich einige Grade von der ursprünglichen Humanität entfernt. Man kann niemand mehr fest und rein ins Angesicht sehen, wie man soll: man tut notwendig zu viel oder zu wenig. Fahren zeigt Ohnmacht, Gehen Kraft. Schon deswegen wünschte ich nur selten zu fahren …

Dies verfasste im Jahre 1805 jener Herr Seume, der 4 Jahre zuvor nach Syrakus aufbrach. Seine Aussage scheint auch heute noch gültig.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude am Wandern. Hui ! Wäller ? – Allemol !

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